Frühstück am Nachmittag
31. Mai 2009 von Ulla & Rike
Der Prosecco schmeckt nach Pfirsich. Ich mag Prosecco noch nicht mal besonders, wenn er einfach nur nach Prosecco schmeckt. Selbst das hübsch angerichtete Frühstück auf meinem Teller kann mich nicht begeistern. Ich hatte es wegen der Blinis bestellt. Die hatten damals in Kopenhagen so lecker geschmeckt. Doch hier verlieren sich die drei kleinen Miniausgaben unter all den erlesenen Sachen.
Und nun? Ich grinse den Teller an und ergebe mich. Die Bedienung ist nett, die Sonne strahlt und so schlecht schmecken Lachs, Schinken, Kaviar und Käse schließlich auch nicht. Ich genieße mein Frühstück im Literaturhauscafé nachmittags halb drei.
Um mich herum mit großem Sicherheitsabstand (wie das unter Intelektuellen halt so üblich ist) sitzen drei Single-Männer in ihre Lektüre vertieft. Alle drei mit Sicherheit älter als mein Vater.
Nummer eins: ertränkt sich im Whiskyglas und tätschelt dabei traurig seinem noch trauriger dreinblickenden Hund den Kopf, das dicke Buch bleibt unangetastet
Nummer zwei: sitzt alleine am Acht-Personen-Tisch, um Platz für Frühstück und seine Süddeutsche zu haben, volles Haar (Topffrisur), weißes T-Shirt unterm hellblauem Hemd, drüber ein dunkelblauer Pullunder und eine beige Windjacke (es ist Sommer!), Jeans, Wildlederslipper und Goldrandbrille, lässt sich seine Essensreste einpacken
Nummer drei: ein Nein-ich-esse-nicht-mehr-bei-Mutti-Typ, Nürnberger Nachrichten zusammengerollt in der Jackentasche
Nummer vier: noch so ein Muttisöhnchen … kommt gerade erst rein … mit Mutti im Schlepptau ;o)
Mein Blick auf die Männerwelt ist heute nicht besonders gnädig …
Draußen sind die gut gelaunten Club-Fans in Richtung Stadion aufgebrochen. Relegationsrückspiel. Müsste gegen Cottbus zu machen sein. Aber soll ich wirklich auf den Club halten? Irgenwie steckt der Klinkerlehrling noch in mir und außerdem bin ich doch jetzt Fürther. ;o)
Langsam bevölkern sich die Tische unterm Sonnendach wieder. An einem sitzen diese laut diskutierenden Frauen mit ihren stillen Männlein. Dort sitzt ein schüchternes, frisch verliebtes Pärchen, das schon jetzt spießig wirkt. Und an dem Tisch dort drüben lümmeln sich drei schnuckelige Motorradfahrer, die der Kellnerin in den Ausschnitt und auf ihren Hintern schauen und ein Bier bestellen. Oha – ich bleibe heute lieber beim Männerfernstudium. ;o)
Schon wieder etwas versöhnlicher gestimmt pilgere ich nach dem Frühstück in den gegenüberliegenden Museumsshop. Und dort wartet eine Entdeckung nach der anderen auf mich … das Buch „Friedrich und Dietrich“ von Johannes Volkmann werde ich nach Hause entführen und dort wie empfohlen zerreißen und zerschneiden.
Auf dem Heimweg in der U-Bahn sitze ich direkt hinter der Fahrerkabine und lasse meine Gedanken vor sich hin ruckeln. Den Fahrerwechsel nehme ich nur nebenbei wahr. Doch als die Bahn anfährt, höre ich den Fahrer durch die Türe hindurch fröhlich vor sich hinpfeifen. Auch die Oma neben mir schaut grinsend zur Tür. Unsere Blicke treffen sich … die gute Laune springt über. :o)
Pfiffige Grüße,
Ivy