Ganz früh am Morgen steige ich in einen fast leeren Zug. Stilles regelmäßiges Atmen um mich herum, draußen erwacht gerade eine strahlende Sonne. Ich selbst: Lesen, iPod, Schlummern, AusdemFensterschauen, Picknicken, Menschengucken, Vorfreude.
Kurz vorm Aussteigen dann noch das gemeinschaftliche Lachen über die Durchsage: „Bitte benutzen Sie zum Aussteigen die Türen.“ Erste eine halbe Minute und viele fröhliche Gesichter später folgt: „Auf der rechten Seite.“
Herzliches Willkommen
Meine Unterkunft kann ich wärmstens weiterempfehlen: Tafelfreuden. Das kleine Schwedenhäuschen liegt in Spaziergangentfernung vom Bahnhof direkt am äußeren Altstadtrand. Und dort kann man nicht nur ausgezeichnet schlafen, sondern noch viel besser tafeln. Vor allem die Mittagspreise sind der Hammer.
Nachdem ich meinen kleinen roten Koffer verstaut habe, führt mich mein erster Weg schnurstracks zum Hafen – Wassergucken. Aufatmen. Und für das leibliche Wohl gibbes „Himmel und Erde“ mit einem Störtebeker … hmmmm! :o)
Als dann vom Nachbartisch noch ein einladendes „Prost!“ ertönt, ist der Tag perfekt: Wir lachen viel, ich höre von Merle und Kaja und Segeln und auftauchenden Walen, blitzende Augen und beeindruckende Arme … achja, das wär was zum Anlehnen. *seufz*
Lange Nacht des offenen Denkmals
Zum 9. Nachtspektakel wandere ich über Kopfsteinpflaster und staune – nicht nur über das eine und andere liebevoll restaurierte Privathaus, das seine Pforten öffnet; auch die Veranstaltungen sind sehr ausgesucht und vielfältig. Meine Tipps:

Stadtspaziergang
Am frühen Morgen flaniere ich über die menschenleere Sundpromenade. Nicht richtig Ostsee und kein unendlicher Horizont, aber Ruhe und funkelndes Wasser. Herrlich! Nach langem Spaziergang lasse ich mich auf einer Bank nieder, strecke die Beine aus, schließe die Augen … und hastdunichtgesehen habe ich einen „Zaungast“: Die ältere Dame erzählt ihre Geschichten und begleitet mich dann durch „ihre“ Altstadt und bis in den Nachmittag hinein. ;o)
Meine Empfehlungen:
- Die Innenstadt ist für einen alten Klinker* wie mich eine Wonne. Und an erster Stelle steht auf jeden Fall das Alte Rathaus.
- Herman van Veen antwortet auf Hundertwasser – eine überraschende Ausstellung in St. Jacobi. Der Maler van Veen ist für mich neu und noch etwas unnahbar. Hundertwassers Architektur hat einen neuen Verehrer gewonnen.
- Konzerte auf der Stellwagen-Orgel in der Marienkirche – ein Ruhepol beim Stadtspazieren.
- In der Nikolaikirche fanden mich die berühmte astronomische Uhr, eine Seitenkapelle mit neu gestalteten Kirchenfenstern, bewegende „Gästebücher“ und die Ausstellung Die heile Welt der Diktatur.
- Die liebvoll neugestalteten Straßenzüge in der Badstüberstraße, am Johanniskloster und auf dem Gelände des Heilig-Geist-Klosters laden zum Verweilen ein … genauso wie die Teiche rund um die Altstadt. Es gibt übrigens auch ein ganzes Stadtviertel für die Franken. ;o)
- Am späten Sonntag Nachmittag ist das Ozeanum fast menschenleer – ein gelungener Mix aus Lernen, Staunen, Anfassen, Museum, Aquarium. Am Ende liege ich bequem in den Tiefen des Ozeans, lausche Walgesängen, lerne Neues dazu und erinnere mich an die begeisterten Worte über das Auftauchen eines Wals …
* Nicht ganz mein Jahr- und Lehrgang, aber auch Teil meiner Erinnerungen.

Einkehren
Stralsund ist voller schöner kleiner Läden und Kneipen. Diese hier haben es mir besonders angetan:
- Keramik und Buch – hier gibt gleich drei Dinge auf einmal, die mein Herz höher schlagen lassen: handgefertigte Keramik, illustre Bücher für Groß und Klein und originelle Postkarten.
- Galerie Jantar – viele wundervolle überflüssige Liebhabereien, gefährlich für den Geldbeutel und wohltuend für die Seele.
- Quaakini’s KaffeeKopp – was Kleines essen, großen Kaffee dazu und dann Keramik kaufen.
- Café Damaschke – hier lerne ich eine patente Familienmama als Inhaberin kennen, die ganz unsüße, leckere Kuchen zaubert.
- Stralsunder Marzipan – das gibt’s gar nicht so häufig, auf jeden Fall aber im Hotel am Jungfernstieg.
- Zum Scheel – hier gibt’s eine hervorragende gebrannte Sanddorncreme mit Holunderbeersorbet. Sanddorn hat ja einen recht dominanten Geschmack, aber in dieser Kombination seeeeehr lecker! Und der nette Kellner zuckt nicht mal mit der Wimper, wenn man sich dazu keinen Kaffee, sondern ein dunkles Bier bestellt. :o)
- Und zu guter Letzt noch DER Insidertipp: Zur Fähre.

Ja … soweit die webtauglichen Erinnerungen an meinen langen kurzen Stralsundbesuch. Überhaupt nicht zugeknöpft, wie es diese Gebrauchsanweisung verspricht. Aber ich habe ja auch den Eignungstest „Kann mich MeckPomm glücklich machen?“ wellenhoch bestanden! ;o)
Am vorletzten Tag ist dann auch das eingetreten, was mir im Urlaub am liebsten ist: Ich werde von Verkäufern und Touris für eine Einheimische gehalten. :o)
Ostseensüchtige Grüße,
Ulla