Aus dem Leben eines Einzelgängers
12. August 2007 von Ulla & Rike
Einen Tagedieb
Schelten mich die Nachbarn.
Doch ich
Schon früh
Im Schweiße meines Angesichts
Säge an dem Ast, auf dem ich sitze,
Überprüfe meine brachliegenden Äcker und
Werfe fleißig
Die Flinte ins Korn.Schlägt es dreizehn,
Löffle ich fromm
Die Suppe aus, die ich mir
Eingebrockt habe, und beiße zufrieden
In den sauren Apfel.
Ein gutes Gewissen ist der beste Koch.Kommt Besuch,
Setze ich die Herren
Gemütlich zwischen zwei Stühle,
Die Damen in Verlegenheit und
Mich selbst in die stets bereiten
Brennesseln.Zu festlichen Gelegenheiten
Schlage ich dem Faß den Boden aus und
Schlachte die Henne, die die goldenen Eier legt.
Carpe diem!
Das heißt: Nütze den Tag!Endlich Feierabend.
Ich lege mich auf die wohlverdiente
Bärenhaut, falte die Hände
In den Schoß und
Träume
Von aller Tage Abend.Mascha Kaléko